Abstract

Der Totenkopf als Motiv. Eine historisch-kulturanthropologische Analyse zwischen Militär und Moden

Diese Arbeit befasst sich mit der longue durée von Totenköpfen als auf Kleidung verwendete Zeichen. Ausgehend von den Konjunkturen des Totenkopfes in der Massenmode, stellen sich Fragen nach Performanz und Bedeutung. Folgt man dem Presseecho und blickt auf den Forschungsstand, so werden Deutungen vorgelegt, die den Totenkopf in Relation zu christlicher Ikonografie, karibischen Piraten und Subkulturen lesen. Neben einem Verständnis, das von Bedeutungsverlust und Unbestimmtheit ausgeht, hat sich eine Lesart herauskristallisiert, die den Totenkopf als Bewältigungsstrategie des Todes versteht.

Orientiert an Konzepten der visuellen Kulturanalyse werden Totenköpfe in dieser Arbeit als visuelle Motive beschrieben, die vieldeutig sein können. Anhand qualitativer Beispiele aus zeitgenössischen Kollektionen zeigt sich, dass zahlreiche Referenzen in der Massenmode mit der Forschungsmeinung nicht schlüssig zu erklären sind. Aus diesem Grund stellt die Arbeit die grundsätzliche Frage danach, welcher Stellenwert militärischen Bedeutungszuweisungen beigemessen werden muss, die sich in der Vergangenheit an vestimentären Totenkopfdarstellungen festgemacht haben.

In historisch-anthropologischer Hinsicht und mit einem weiten Quellenbegriff ausgestattet fahndet die Studie zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert in der westlichen Kultur- und Militärgeschichte nach den Bedeutungen von Totenköpfen auf Kleidung. Dabei nutzt sie einen weiten Modebegriff, der sich auf zeitgenössische vestimentäre Konzepte einlässt und wiederkehrende Momente sozialer Vergemeinschaftung und Differenzierung fokussiert. Anhand von Visueller Kultur und Geschichtskultur zeichnet die Arbeit schwerpunktmäßig Wanderungsbewegungen (para-)militärischer Motive und Bedeutungen nach. Über das lange 19. Jahrhundert, den Ersten Weltkrieg, bis in die Zeit nach dem Nationalsozialismus hinein entfalten Totenkopfmotive interdependente Bedeutungsgeflechte. Totenkopfmotive zeigen sich historisch ebenso als Symbole von Macht und Elitismus, wie auch von Revolution und Rebellion. Als Marker für Distinktion und die Prätention aus der Masse herauszustechen, hat sich der Totenkopf nicht nur früher, sondern auch mit einem weit bedeutungsschwereren Erbe, als bislang angenommen für die Massenmode anschlussfähig erwiesen.